Die Schule von Athen

Das Bild „Die Schule von Athen“ ist ein Wandgemälde (Fresko) des italienischen Malers Raffaello Sanzio (1483 - 1520). An seiner breitesten Stelle misst es 7,70 m. Raffael malte es von 1510 bis 1511 in der Stanza della Segnatura („Saal für die Unterschriftsleistung“) im Vatikan von Rom.

Das Fresko thematisiert die große Bedeutung der philosophischen Denkschule der griechischen Antike. Ganz im Sinne der Renaissance idealisiert das Fresko das Denken der Antike und verweist auf sie als Ursprung der europäischen Kultur.

Die Philosophen, die das Fresko abbildet, kommen weder alle aus Athen, noch gab es eine einheitliche Philosophenschule in Athen. In Athen bestanden mehrere verschiedenen Schulbewegungen nebeneinander, wie z.B. Platons „Akademie“ und der „Garten“ („käpos“) der Epikureer. Nicht nur in Athen gab es Schulen und Philosophengruppen, sondern in der ganzen hellenischen Welt

In der Renaissance, einer Zeit großer Umbrüche, gerieten geistliche und weltliche Machtverhältnisse mit ihren Deutungshoheiten in Widersprüche; althergebrachte Regeln und Gesetze verloren ihre Gültigkeit. - In der Renaissance besann man sich auf die Regeln und Lebenshaltungen der antiken Philosophen.

Welche Regeln haben wir, welche sind heute fraglich? Worauf besinnen wir uns?

Beispielhaft seien aus dem Gemälde „Die Schule von Athen“ frühe philosophische Prototypen hervorgehoben, die einen bestimmten philosophischen Lebensstil verkörpern.


Pythagoras von Samos

Beginnen wir mit dem Urgestein abendländischen Denkens und Vater aller späteren Philosophen- und Klosterschulen und ähnlichen Gemeinschaften, mit Pythagoras von Samos (565 – 495 v.u.Z.) Er definierte als erster die Tätigkeit des Philosophen als den Suchenden nach Weisheit und nicht den Weisen: Der „philo-sophos“ ist kein „sophos“.

Mit seinen Schülern und Freunden lebte er in Unteritalien zusammen und praktizierte mit ihnen seine Lebensregeln, deren wesentliche Elemente Wiedergeburtsglaube, Vegetarismus, und die Erkenntnis war, dass die Welt ein großer harmonischer Zusammenhang wäre.

Pythagoras von Samos
Pythagoras von Samos

Heraklit von Ephesos

Etwas später treffen wir in der griechischen Weltstadt Ephesos auf den Denker Heraklit (540 – 480 v.u.Z.), der von seinen Zeitgenossen der „Dunkle“ genannt wurde. Er war mehr der Charakter des Einzeldenkers, der sich zurückzog und über Weltgang und Schicksal nachdachte.

Für Heraklit war die ganze Geschichte ein ewiges Kommen und Gehen, ein Fluss des Werdens. Nichts bleibt wie es ist. Immer wieder vernichtet das Urfeuer des Weltenbrandes alles Bestehende, damit es wieder neu entstehe. Gleichzeitig blickt er in die Tiefen des eigenen Seelen- und Geistfeuers. „Mich selbst habe ich erforscht.“

Heraklit von Ephesos
Heraklit von Ephesos

Parmenides von Elea

Parmenides lebte von 540 bis 470 v.u.Z. in Elea, Unteritalien. Parmenides war fasziniert von seinem Dasein, darüber, dass es etwas gibt, und nicht vielmehr nichts. Da er dieses Sein durch sein Denken zu erfassen glaubte, waren für ihn Denken und Sein dasselbe, dass „hinter“ allem wechselnden Schein das Sein existiert, welches wir in seiner Unveränderlichkeit sind.

Parmenides von Elea
Parmenides von Elea

Sokrates von Athen

Über Sokrates (469 – 399 v.u.Z.), einem einfachen Bürgen von Athen, wissen wir sehr viel mehr als über alle vorherigen Philosophen; zwei bedeutende Denker, Xenophon und Platon haben ausführlich über sein Leben und Wirken geschrieben.

Sokrates ist der letzte der großen originären Philosophen des Abendlandes. Die großen philosophischen Gedanken und Anstöße sind jetzt gedacht, alle spätere Philosophie ist Wiederholung, Auslegung, Ergänzung dessen, was die griechischen Denker bis Sokrates gedacht und gelebt hatten.

Sokrates lebt seine Philosophie als fragender und Suchender: Er will wissen, ob und was wir wirklich wissen können. Dazu fragt er die Fachleute. Gleichzeitig ist er besessen von der Möglichkeit, über die Dinge nachzudenken, sich aufzuklären, wie sich die Dinge verhalten und entsprechend danach zu leben.

Sokrates von Athen
Sokrates von Athen

Platon von Athen

Platon von Athen (428 – 348 v.u.Z.) entstammt aristokratischen Verhältnissen, und gerät als junger Mann in den Bann Sokrates’. So wird er nicht Dichter, sondern wendet sich unter dem Einfluss von Sokrates und dessen Verurteilung der Philosophie zu, schreibt über seine Begegnung mit Sokrates und dessen Reden und wird so zu einem der einflussreichsten Denker des Abendlandes.

Vor den Toren von Athen begründet er nach dem Vorbild des Pythagoras seine Philosophenschule, die „Akademie“, die die Lehren seines Lehrers und seine eigene Ideenlehre einem weiten Kreis von Schülern bekannt macht.

Bis heute strahlt der Geist der Akademie in die ganze Welt.

Platon von Athen
Platon von Athen

Diogenes von Sinope

Aber nicht nur Platon errichtet, fasziniert durch die Lehren des Sokrates, eine Schule und Gemeinschaft. Andere Schüler des Sokrates hatten ihre eigenen Gedanken und Anregungen durch Sokrates erhalten und begründeten erfolgreiche Lehrgebäude. Die Kyniker, z.B. suchten nach dem Vorbild des Sokrates den Gedanken der Bedürfnislosigkeit zu verwirklichen. So fragte ihr bekanntester Vertreter, „Diogenes von Sinope“ (410 – 320 v.u.Z.), immer wider.  „Was brauche ich wirklich zum Leben?“ und probierte seine Theorien aus.

Diogenes von Sinope
Diogenes von Sinope

Epikur von Samos

Auch Epikur von Samos (341 – 271 v.u.Z.) stellte diese Frage und kam dabei zu einem ähnlichen Ergebnis wie Diogenes von Sinope. Aber anders als dieser, der meist alleine und unterwegs war („ohne festen Wohnsitz“), glaubte Epikur, dass zu den wesentlichen Bedürfnissen die Freundschaft und eine gewisse Sesshaftigkeit gehöre und gründete vor den Toren Athens nicht weit von der Schule Platons seine eigene Philosophenschule, den „käpos“ – „Garten“, in dem er lehrte und mehr oder weniger autark lebte, umgeben von seinen Schülern und Freunden.

Epikur hat viele Bücher geschrieben und sein Ruf war weitverbreitet, viele seiner Schüler bildeten ihrerseits wieder Tochterschulen. Die epikureische Gartenschule hatte fast sechshundert Jahre Bestand und zeitweise hohen Zulauf.

Epikur von Samos
Epikur von Samos

Hypathia von Alexandria

Die Gedanken der platonischen „Akademie“ sind durch die verschiedenen Schulleiter zwar immer wieder verändert worden, trugen aber die Idee der „Akademie“ als philosophischen Bildungsweg durch die Zeiten. Erst 529 n.u.Z. wurde die athenische Akademie in Athen geschlossen. Eine ihrer letzten Vertreterinnen war die Ägypterin Hypathia von Alexandria (355 – 416 n.u.Z.), die als Platonikerin in Alexandria lehrte, bis sie von Christen im Jahr 416 ermordet wurde. Sie versuchte, ihr Leben nach den Idealen einer philosophischen Tradition auszurichten und scheiterte an den neuen (dogmatischen) Lebensweisen der christlichen Religion.

Hypathia von Alexandria
Hypathia von Alexandria